Lang, lang ist’s her: Mein erster Kontakt mit Linux. Damals ein Suse Linux 6.1 wenn ich mich recht erinnere. Das Ganze in einer handlichen Pappschachtel auf 8 CDs und einem dicken Handbuch für den Schnäppchenpreis von (geschätzten) 30DM. Dort war, ebenso wie in der Schule im Computerraum, KDE 3 der Desktop meiner Wahl. Mit GNOME konnte ich mich schon seit den ersten Stunden mit Linux nicht so richtig anfreunden. Zu minimalistisch, kaum Einstellungsmöglichkeiten und irgendwie optisch nicht so ganz mein Geschmack. KDE hingegen, konnte jeher alle meine Wünsche an Modifikationen und Einstellungemöglichkeiten befriedigen, sah chic aus und war obendrein auch sehr flott.
So verbrachte ich also die ersten Jahre meines Linux-Daseins mit KDE an meiner Seite. Zuletzt war ich mit KDE 3.5.9 sehr zufrieden, wenn auch nicht in der Ubuntu Version, sondern unter Gentoo, da KDE dort wesentlich flotter lief als unter Kubuntu. (Sowohl fühl-, als auch meßbar!)
Wie gerade erwähnt, kam irgendwann Ubuntu in den Ring der Linux Distributionen hereingeprescht. Und ich denke man kann sagen, mit einem berauschenden Erfolg, der bei einer neuen Distribution seines Gleichen sucht. Mit dem Start von Ubuntu ging es bergauf mit GNOME, dem Standarddesktop von Ubuntu. Gleichzeitig allerdings wurde die 3er Serie von KDE immer älter, unmoderner und bekam kaum noch Innovationen oder neue Features eingebaut. Nichtdestotrotz, habe ich mit Freude KDE genutzt. Natürlich waren die KDE Entwickler nicht alle eingeschlafen oder vom Erdboden verschwunden, sondern sie fingen an an der Revolution zu arbeiten mit dem Namen: KDE 4.
KDE 4 sollte alles andere in den Schatten stellen, der Desktop sollte neu erfunden werden. Große Worte denen große Taten folgen mussten. Natürlich geht so eine Neuentwicklung eines gesammten Desktop Environments nicht von heute auf morgen, und auch nicht auf übermorgen, sondern siedelt sich eher im Bereich mehrere Jahre an.
Und da began das “Problem” für KDE. Aus Sicht der Endanwender stagnierte KDE in seiner Entwicklung und außer gelegentlich ein paar Bugfixes bei KDE 3.5 kam nichts Neues mehr. Canonical hingegen holte mit großen Schritten auf und verbesserte mit Ubuntu Stück für Stück den GNOME Desktop. Evolution statt Revolution ist hier das Motto. Und das funktionierte Super. Ubuntu ist in aller Munde, viele Linux-Erstanwender benutzten GNOME, ist ja halt dabei, bei diesem Ubuntu. Das out-of-the-box Erlebnis wird von Version zu Version besser, GNOME von Release zu Release hübscher, durchdachter und irgendwie “benutzbarer”.
Als Linuxer kam man natürlich nicht drumherum. Man muss ja auch mal anschauen, wovon alle sprechen. Was ist an diesem Ubuntu so toll? Also mal fix die KDE Variante Kubuntu runtergeladen, gebrannt und ausprobiert. Ja, richtig, Kubuntu. GNOME hatte ich immer noch in schlechter Erfahrung und meine Lust daran, diesem Desktop Environment mal wieder eine Chance zu geben hielt sich in Grenzen. Kubuntu, bzw. damit auch der Unterbau Ubuntu, machte einen guten Eindruck, und viele Frickeleien wurden auf einmal unnötig, die Hardwareunterstützung war exzellent. So weit so gut, doch dann kam irgendwann der oben schonmal angesprochene Moment, an dem bei KDE nichts Neues mehr kam. Was aber kam, waren regelmäßige Berichte und Screenshots über Neuerungen in Ubuntu, beziehungsweise in GNOME, bei denen ich dann doch ab und an mal neidisch war, das sie eben GNOME vorbehalten war, dem Desktop, den ich ja eigentlich nicht mag…
Es kam, wie es kommen musste und ich installierte mir das Paket ubuntu-desktop. Bei welchem Release dies war, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Auf jeden Fall war es spät. Hätte man mir zwischenzeitlich mal diese Frage gestellt, hätte es auch Tage gegeben an denen ich gesagt hätte “zu spät”.
Und ich muss sagen ich war ehrlich überascht. Was ich da auf meinem Rechner sah, hatte nichts mehr mit dem zu tun, was sich in grausigen Erinnerungen in meinem Kopf seit Jahren festgesetzt hatte. Gut, das Braun ist (und bleibt es bei mir immer noch) Gewöhnungssache, aber das Gesamtpaket stimmte. Und alle 6 Monate kamen, schön regelmäßig, kleine und größere Neuerungen auf meine Festplatte. Ich war durchaus glücklich mit GNOME. Ich nutzte es, und zwar gerne!
Dann eines Tages kamen die ersten Screenshots und Mockups von KDE 4. Ich war durchaus beeindruckt und konnte es kaum noch abwarten eine benutztbare Version zu haben. Aber es sollte noch ein bis zwei GNOME Releases dauern, bis dann endlich die erste Beta von KDE 4 erschien. Diese wurde dann unter dem Namen KDE 4.0 auf die Leute losgelassen und die Entwickler riefen zum Testen auf. Nichts lieber als das. Also sofort mal eine Live CD runtergeladen und gestartet.
Der erste Eindruck war eine Mischung aus Staunen und Trauer. Alles wirkte irgendwie unfertig, aber auch beeindruckend. Ein ganz neues Desktop Environment, von freiwilligen Programmieren in so kurzer Zeit entwickelt. Und die Featureliste war lang: Plasma, Oxygen, Akonadi, Strigi, Nepomuk und so weiter. Klang alles ganz gut, war aber eben noch Beta und für einen produktiven Einsatz einfach noch nicht gemacht. (Wobei ich tatsächlich gehört habe, dass einige Leute die 4.0er Serie als Produktivsystem benutzt haben. Müssen wohl KDE Entwickler gewesen sein ) Und so gingen dann die Monate ins Land in denen KDE sich entwickelte. Nun halt auch für die Augen eines Endanwenders. Und es wurde besser und besser. Irgendwann dann war KDE 4 soweit, dass es so gut wie alle Features von KDE 3.5 wieder implementiert hatte, plus natürlich vieles Neues.
Jede größere neue Version, also KDE 4.2, 4.2 und die Beta 2 von 4.3 habe ich diverse Male wieder getestet und mir angeschaut wie weit die Entwicklung ist, ob man es, in meinen Augen, als produktiv System einsetzten könnte. Dass ich wieder zu KDE zurück will war eigentlich nie eine Frage. Klar, GNOME ist ein super System, welches ich lieben und schätzen gelernt habe, aber irgendwie bin ich immer noch ein KDEler im Herzen und fühle mich dort einfach irgendwie mehr zu Hause.
Seit KDE 4.3 Beta 2 nutze ich wieder KDE. Warum? Manche mögen mich nun beim beantworten dieser Frage in einigen Teilen für bescheuert halten, aber egal. Erster Grund war, das nun die gröbsten Fehler beseitigt sind, und es wie gesagt wieder alle wichtigen Features hat, welche ich schon in KDE 3.5 hatte. Zweiter Grund ist das neue Plasma Theme “Air”. Dritter Grund ist die synchronisation von Akonadi mit meinem Google Kalendar und meinen Kontakten von Gmail (abgesehen davon, dass ich die Google Services extrem super finde, bin ich auch aufgrund meines iPhones im gewissen Maße darauf angewiesen) und letzterGrund ist das neue Wallpaper vom OSX Snow Leopard Server, welches meine “Desktop Experience” in Verbindung mit Oxygen und Air perfekt macht.
Aufgrund eines Plasma Themes und eines Wallpapers zu wechseln mag in einigen Augen vielleicht schwachsinnig erscheinen, aber ich muss mir meinen Desktop nunmal den ganzen Tag anschauen, und da muss er mir optisch 100% gefallen, ganz unabhängig von seinen Funktionen.
Ich habe den Artikel mit “KDE 4 – Eine Haßliebe” betitelt, denn so sehr ich zu KDE zurück will, und nun ja auch den Schritt gewagt habe, stören mich doch ein paar Dinge sehr. Es fängt bei Kleinigkeiten an, wie zum Beispiel Kmail. Dort gibt es unten in der Statusleiste einen Fortschrittsbalken, zum Beispiel beim abrufen seiner Mails. Neben diesem Balken ist ein kleiner button mit einem Pfeil drauf, der bei Bedarf den Fortschrittsbalken ausklappt und weitere Informationen preisgibt. Soweit so gut, aber beim Blick auf diesen Knopf muss doch wirklich jedem auffallen, das das Pfeil-Icon zu groß für den Button oder der Button zu klein für das Icon ist.
Nächster Punkt -das Panel. Hier muss ich zugeben, hat sich mit KDE 4.3 eine Kleinigkeit groß verbessert! Wird das Panel relativ schmal gemacht, so verschwindet die Umrandung der Tray Icons. Ein ist allerdings geblieben: Wird das Panel auf Auto-Hide gestellt, gleitet das Panel zwar schön sanft nach unten, löst sich aber kurz vorher von den Tray Icons, die dann einzeln etwas später nach unten abtauchen.
In einigen Teilen finde ich KDE auch etwas zu … unruhig, das trifft es vielleicht. Im Dolphin gibt es kleine winzige Kreise, auf den Seitenleisten um sie vom Fenster zu lösen, bzw. sie zu schließen. Ich finde, das ist zu viel, rein optisch! Die Funktion ist gut. Allerdings würde es ja reichen, das diese Symbole erscheinen, wenn man mit der Maus diese Seitenleiste hovert. Die Buddyliste von Kopete hat meiner Meinung nach das selbe Problem. Vor allem im Vergleich mit Pidgin muss sich Kopete hier rein optisch geschlagen geben.
Gut, viele werden sich jetzt fragen, warum ich mich an so Kleinigkeiten störe? Man muss ja auch mal das Gesamtpaket betrachten, die vielen Revolutionen, neuen Features etc., Hat der junge Mann nichts besseres zu tun?
Ich kann diese Fragen verstehen und will sie auch beantworten. KDE 4 ist ganz ohne Frage eine großartige Software mit tausenden tollen Funktionen und Features. Trotzdem sind es die kleinen Dinge, die einen stören, und, hat man sie einmal erblickt, einem einfach immer und immer und immer wieder auffallen. Des Weiteren kann Akonadi zum Beispiel immer noch nicht im CalDAV-Kalendern umgehen, was ich sehr schade finde, da ich es sehr dringend gebrauchen könnte. Dafür kann man allerdings auf 20 verschiedene Weisen zwischen seinen Fenstern oder den Arbeitsflächen hin und her wechseln. An der Stelle frage ich mich, wo die Prioritäten liegen sollten, auch im Hinblick auf die Tatsache, dass für mich die Optik eines Desktops eine sehr zentrale Rolle spielt.
Es gibt aber durchaus auch größere Probleme. Ich habe vor kurzem einen Thread im ubuntuusers.de Forum eröffnet mit dem Titel “KDE 4 – die Enddeckung der Trägheit”. Die Problematik will ich jetzt hier nicht nochmal im Detail aufdröseln. Im großen und ganzen geht es um die Tatsache, das KDE in der 4er Version einfach nicht mehr so performant ist wie sein Vorgänger. Jedenfalls bei mir auf meinem Laptop unter Ubuntu mit Intel Grafikkartentreibern. Vielleicht ist es einfach eine ungünstige Konstellation, eilt ja Kubuntu der Ruf einer eher schlechten Integration von KDE voraus, von den Intel Grafiktreibern im Moment mal ganz zu schweigen. Ich werde im Laufe der nächsten Woche mal wieder einen Ausflug zu Gentoo mit meinem Laptop machen und schauen wie sich KDE dort schlägt. Wie oben bereits erwähnt, war es zu KDE 3.5 Zeiten schon ein imenser Unterschied zwischen Kubuntu und Gentoo in der gefühlten und auch gemessenen Performance.
Ich will an dieser Stelle nicht den Eindruck vermitteln, dass ich die Arbeiten der KDE Entwickler nicht würdige und nur rummeckere. Ich habe zu diversen Themen schon Bugreports und Feature Requests geschrieben. Ausserdem bin ich von der Entwicklung und den Entwicklern an sich sehr beeindruckt und diese Personen kriegen den größten Respekt von mir für das, was sie für die Open Source Szene freiwillig und meist in ihrer Freizeit leisten. Und man sieht auch, wie die Entwicklung voran schreitet und wie Version für Version besser wird. Nichtdestotrotz ist das hier immer noch mein Blog und ein Ort wo ich schreiben kann was mich bewegt und mir durch den Kopf geht . Mein Gemecker soll als konstruktive Kritik aufgefasst werden und hoffentlich zur weiteren Verbesserung einer onhehin schon sehr guten Software beitragen.
In diesem Sinne, einen Gruß an alle KDE Entwickler, und vielen Dank, dass sie mich mit der zweiten Beta Version von KDE 4.3 wieder zurück geholt haben.