Zugegeben, ich war lange auch skeptisch. Ziemlich große Versprechen und gleichzeitig ziemlich wenig benutzbarer Code. Und PiTiVi hatte schon gezeigt, dass ein guter Video-Editor nicht vom Himmel fällt. Da schien mir die Kritik, man möge doch lieber seine Ideen in PiTiVi einbringen als sich an noch einem neuen Editor zu versuchen, sehr berechtigt.
Wie dem auch sei, in Ubuntu 12.04 ist PiTiVi immer noch nicht wirklich praxistauglich und man steckt mitten in Umbauarbeiten, damit mit GES dann alles besser wird. (Ich finde PiTiVi immer noch gut, und vielleicht wird mit GES ja wirklich alles besser, aber Umbauarbeiten bedeuten in diesem Falle eben auch weniger Bugfixes für die „alten“ (sprich: aktuellen) Versionen.) Da ist mir dann die Ankündigung ins Auge gesprungen, dass nun pünktlich mit Ubuntu 12.04 auch Novacut 12.04 veröffentlicht wurde. Also wollte ich dem mal eine Chance geben.
Um es vorweg zu sagen: Novacut ist auch noch nicht praxistauglich. Und um es gleich hinterher zu schieben: Ich bin trotzdem beeindruckt!
Die Installation geht über das PPA problemlos über die Bühne. Und dann ist man erst einmal aufgeschmissen. Denn Novacut hat keine Möglichkeit, Video-Dateien zu importieren. Statt dessen verwendet Novacut ein Programm namens dmedia, mit dem Video-Dateien verwaltet werden (und eben dann auch irgendwann über’s Internet abgeglichen, Proxy-Files verwaltet werden können und vieles mehr). Ein Video erklärt gut, wie es mit dmedia dann geht. Hat man die Dateien einmal in Novacut, weiß man auch nicht unbedingt gleich weiter: Es gibt keine Zeitleiste. Und wie man Clips schneiden kann, ist auch nicht gleich klar. Also noch ein Video.
Und dann ist auf einmal das ziemlich großartige Konzept klar. Das Schneiden und Sortieren von Clips macht dann auf einmal richtig Spaß. (Ein wenig erinnert es mich an unseren Abi-Film, den wir mit iMovie auf einem iMac der ersten Generation geschnitten haben, aber noch cooler.) Mich überzeugt zum Beispiel das Prinzip, einen Clip immer durch den ersten und letzten Frame zu symbolisieren. Jederzeit kann man durch das Scrollen mit der Maus auf einem dieser Bilder die Clips neu zuschneiden. Alles läuft ziemlich flüssig und das minimale Interface gibt einem trotzdem große Freiheiten.
Natürlich fehlt noch einiges, Novacut 12.04 ist eher eine Tech Preview als ein fertiges Produkt. Am schmerzhaftesten ist wohl die fehlende Audio-Unterstützung im Renderer. So ganz ohne Ton macht ein Film dann doch keinen Spaß, auch wenn man auf vieles andere (wie etwa die ebenfalls noch fehlenden Übergänge) für den Anfang gut verzichten kann. Später soll Novacut dann auch noch eine klassischere Zeitleiste bekommen, die für die Audio-Spur dann eben doch von Bedeutung ist. Und das kollaborative Bearbeiten habe ich mir gar nicht angesehen.
Alles in Allem muss ich aber sagen, dass Novacut durch sein sehr klares Aussehen und innovative Bedienkonzepte fasziniert. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht!