Auf BSD basierende Betriebssysteme sind zwar längst nicht so verbreitet wie Linux heutzutage, aber auch sie sind oftmals freie Software mit aktiver Community. Ich habe mir schon seit längerem vorgenommen, mal ein BSD-System auszutesten, aber irgendwie habe ich es dann doch nie getan.
Vor kurzem ist der dritte und letzte Release Canidate von PC-BSD 9.0 erschienen, einer Distribution die auf FreeBSD basiert und besonders Benutzerfreundlich sein will. Anhand dieser Distribution schaue ich mir das ganze System mal an und ziehe einen vergleich zu den gewohnten Linux-Distributionen.
Was ist BSD überhaupt?
Nur eine kurze Einführung, wer genaueres Wissen will sollte bei Wikipedia vorbeischauen. BSD ist anders als Linux nicht Unix-ähnlich, es ist ein waschechtes Unix. Neben Apples Mac OS X bildet es die Basis für einige freie Distributionen wie FreeBSD, OpenBSD, NetBSD etc.
Das sind zwar unterschiedliche Projekte, diese tauschen aber recht viel an Code untereinander aus, was sie recht ähnlich macht, und das obwohl jedes Projekt seinen eigenen Kernel pflegt. Die Hardwareunterstützung ist leider schlechter als unter Linux und auch die Menge an verfügbarer Software ist etwas niedriger. Deshalb ist BSD sicher nicht für jeden geeignet.
Um den ganzen Artikel nicht zu verkomplizieren, bezeichne ich die freien Distributionen ab sofort einfach nur noch mit BSD.
Sämtliche BSD-Distributionen gelten als sehr stabil und sicher, angeblich sind sie sogar stabiler als Linux. Am meisten Verbreitung genießt BSD ähnlich wie Linux auch im Serverbereich, wo es oft auf hochkritischen Servern, laut Wikipedia z.B. bei Yahoo, zum Einsatz kommt. Natürlich taugt das System auch für den Desktop, wo sowohl FreeBSD als auch das darauf aufbauende PC-BSD zwei der benutzerfreundlichsten Distributionen sind.
Installation
Auswahl der Deskopumgebung
PC-BSD startet wie von Linux gewohnt im Live-Modus. Nach dem Start der DVD kann man sich für eine Desktopumgebung entscheiden, zur Wahl stehen KDE, Gnome (2), LXDE und Xfce. Ich habe mich für Xfce entschieden, da man für die Installation kein grafisch aufwändiges KDE braucht.
Die Installation ist sehr simpel, wenn auch nicht ganz so einfach wie unter Ubuntu.
Installation: Sprache und Zeitzone festlegen
Installation: Festplatte partitionieren
Nach einer moderaten Wartezeit ist das System fertig installiert. Etwas Handarbeit ist allerdings noch beim Bootloader nötig: Hier werden weder Linux- noch Windows-Systeme automatisch eingetragen. Da hier aber ein normaler Grub 2 zum Einsatz kommt, dürfte das für Linux-erfahrene Anwender kein Problem sein.
Ein erster Start
Beim ersten Hochfahren wird man direkt nach der richtigen Bildschirmauflösung gefragt.
Bildschirmeinstellungen
Danach startet der gewöhnliche GDM-Loginmanager, bei dem man die Sprache und die gewünschte Desktopumgebung auswählen kann. Nach dem Einloggen bekommt man direkt einige praktische Tipps, diese sind aber leider nicht lokalisiert.
GDM
Tipps
Das Standardtheme verwendet KDE-Icons und hat einen KDE-ähnlichen Look, als Default wird hier anscheinend von KDE ausgegangen. Das lässt sich natürlich mit dem üblichen Gnome Erscheinungsbild-Tool umstellen.
Flash & co
Ehrlich gesagt hätte ich garnicht erwartet, dass Flash unter FreeBSD läuft. Tut es aber doch, jedoch nur mit einem Wrapper, der die Linux-Version ausführt. Sehr gut für die Performance ist das wahrscheinlich nicht – zum Videos auf Youtube gucken reicht es aber allemal.
Flash funktioniert out of the box
Nicht nur Flash, auch die Unterstützung für Medienformate wie MP3 ist vorinstalliert.
Software & Paketverwaltung
Längst nicht alle Programme, die man unter Linux findet, gibt es auch für BSD. Freie Software lässt sich in den meisten Fällen portieren und das wird oft auch gemacht, nur bei proprietären Treibern wie AMDs fglrx ist das nicht möglich.
AppCafe: Paketverwaltung unter PC-BSD
Zur Installation von Software liefert PC-BSD eine Anwendung namens AppCafe mit. Diese hat ein eigenes Paketformat namens PBI, anders als unter FreeBSD werden hier ausschließlich Binärpakete angeboten, die man nicht mehr kompilieren muss. Allerdings werden sämtliche benötigten Bibliotheken und Abhängigkeiten in diesen Paketen integriert, weshalb man meist sehr viel herunterladen muss. Firefox beispielsweise erfordert einen Download von ca. 110 MB; die Größe, die die Installation letzendlich belegt, ist dann aber deutlich kleiner.
Das ist aber auch sehr praktisch, wenn man beispielsweise ein System offline betreiben will: Man lädt einfach das PBI-Paket herunter und muss sich keine Gedanken um Abhängigkeiten machen, das Paket lässt sich in jedem Fall installieren. Für langsame Internetverbindungen ist das System aber eher nicht geeignet.
Wie bereits ewähnt gibt es längst nicht alle Software für Linux auch für BSD. Ich habe mal einige gängige Anwendungen durchgeschaut, und es sieht besser aus als ich erwartet habe:
Vorhanden/Lauffähig |
Nicht
Vorhanden/Lauffähig |
Firefox |
Amarok |
Chromium |
Banshee |
Geany |
VMWare |
Exaile |
Clementine |
VLC |
Open/LibreOffice |
Wine |
Virtualbox |
Gimp |
Filezilla |
Rhythmbox |
Anjuta |
Die Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber wie man sehen kann sind die meisten Anwendungen durchaus verfügbar. Auch bei den Versionen sind die Entwickler nicht allzu weit hinterher. Gnome ist zwar bisher noch in Version 2, aber z.B. Chromium liegt bereits in Version 15 vor, aktuell 16, Firefox in Version 7, aktuell 8.
Treiber
Treiber sind der große Nachteil von BSD. Zwar sind viele Treiber von Linux portiert worden, trotzdem sieht es bei der Treiberunterstützung gerade von auf Seite der Hersteller weitaus schlechter aus.
Nvidia geht mit gutem Beispiel voran und stellt einen Treiber für FreeBSD bereit, der auch unter PC-BSD laufen dürfte. AMD hingegen bietet keine BSD-Treiber an, weshalb man auf den freien radeon-Treiber zurückgreifen muss – gute 3D-Performance in Spielen kann man folglich vergessen.
In anderen Bereichen gilt das gleiche wie (zumindest vor einigen Jahren noch) unter Linux auch: Vor dem Kauf informieren und generell immer auf Frickelei einstellen.
Konfiguration
Grafische Konfigurationstools sind unter BSD Mangelware. Das könnte daran liegen, dass Linux eher das System ist, dass man auch Anfängern empfiehlt und es deshalb einfach keinen Bedarf gibt. Wer aber mit der Kommandozeile kein Problem hat, wird vermutlich auch unter BSD zurecht kommen, die gewohnte Bash steht auch hier zur Verfügung.
Die Konfiguration ist sogar etwas vereinfacht: So kann man sehr viel über eine einzige Datei anpassen, und zwar die /etc/rc.conf. Dieses bewährte Schema hat übrigens auch Archlinux übernommen.
Fazit
Hier endet nun mein doch recht lang gewordener Test. Insgesamt muss ich sagen, dass mich PC-BSD positiv überrascht hat. Nie hätte ich gedacht, dass Flash unterstützt wird. Auch die einfache Paketverwaltung mit AppCafe gefällt mir sehr gut. Dazu kommt noch die gut gelungene Installation und die recht aktuell gehaltene Software, was das ganze Paket abrundet.
Für mich durchaus eine gute Alternative zu Linux. Zwar kann man nicht sagen, dass das System wirkliche Vorteile bietet, da die Desktopumgebungen und Anwendungen weitgehend dieselben wie unter Linux sind. Auf der anderen Seite gibt es auch keine wirklichen Nachteile. Zumindest so lange wie man nicht mit Treiberproblemen zu kämpfen hat, denn dann kann das eine frustrierende Erfahrung werden. Wenn man aber einen Entwickler von PC-BSD fragen würde, warum er das macht, obwohl es bereits benutzerfreundliche Linux-Distributionen gibt, würde ich nur mit einer Antwort rechnen: Weil es geht.