Phil hat vor ein paar Tagen einen Blogpost veröffentlicht, in dem er erklärt, wann er noch Google Dienste nutzt und welche Alternativen er inzwischen gefunden hat.
Das hat mich auch die Idee gebracht, auch einmal über mein Verhältnis zu Google zu schreiben und Alternativen aufzuzeigen. Vielleicht ist für euch ja auch neues dabei ;) Eines vorweg: Ganz ohne Google komme ich (noch?) nicht aus.
Die Google Suche
Keine andere Suchmaschine ist so bekannt und erfolgreich wie die Google Suche. Damit ist Google schließlich auch groß geworden. Kein Wunder also, dass heute fast niemand mehr auf die Suche verzichten will, die von Jahr zu Jahr mächtiger und intelligenter wird. Den exzellenten Service bezahlt der Benutzer leider mit Informationen über seine Person: Vorlieben, Interessen, Probleme, Krankheiten, Standort, und die üblichen anderen Identifikationsmerkmale wie IP, Browser, Betriebssystem etc kennt Google mit der Zeit. Je mehr und je länger man Google nutzt, desto genauer wird das Nutzerprofil, welches Google erstellt, um seine Suche, aber auch seine Werbung auf uns anzupassen. Das kann positive Auswirkungen haben – z.B. auf die Suchergebnisse – birgt gleichzeitig aber auch ein großes Missbrauchspotential.
Ich habe mich dafür entschieden, Google so wenige Daten zukommen zu lassen, wie mit meinem Gewissen vereinbar ist. Speziell über die Suche erfährt Google so einiges über uns. Einige Zeit lang habe ich deshalb die alternative Suchmaschine DuckDuckGo genutzt. Sie hat sich speziell den Schutz der Privatsphäre auf die Fahre geschrieben und gibt an, keinerlei personenbezogene Daten zu erfassen. Sie besitzt zwar viele praktische Funktionen, die vor allem Nerds und Geeks begeistern dürften – die Suchergebnisse im täglichen Gebrauch waren allerdings nicht besonders zufriedenstellend. Vor allem Ergebnisse in deutscher Sprache waren weniger gut zu finden.
Von DuckDuckGo bin ich schließlich auf startpage.com gewechselt. Startpage.com ist so etwas wie ein Proxy vor der Google Suche. Suchbegriffe werden auf startpage.com eingegeben, von Google abgefragt und wieder auf der Startpage Seite angezeigt. Auf diese Weise ruft nicht der Benutzer selbst die Suchergebnisse ab, sondern ein Server, der noch von vielen anderen Usern benutzt wird. Ein persönlicher Bezug kann von Seiten Googles nicht mehr hergestellt werden.
Die Startpage Suche hat gut funktioniert, aber in Sachen Design muss dringend etwas geändert werden. Natürlich, Design ist nicht alles – aber so macht mir das Suchen im Internet keinen Spaß. Deshalb habe ich mich erneut nach einer Alternative umgesehen…
… und bin auf das Browseraddon “Disconnect Search” gestoßen. Das Addon funktioniert ähnlich wie Startpage: Suchergebnisse werden von Disconnect Servern abgefragt und wieder zurück zum Benutzer geleitet. Disconnect Search erlaubt es dem Benutzer aber, seine Suchmaschinen wie gewohnt aufzurufen und zu bedienen. In der Praxis heißt das: Einfach Google aufrufen, abschicken und Ergebnisse auf der Google Seite ansehen. Im Hintergrund arbeitet das Disconnect Search Addon und leitet die Suchanfrage an die eigenen Server weiter, statt sie direkt an Google zu schicken. Wer nicht auf das übersichtliche Google Design verzichten will und dennoch Wert auf seine Privatsphäre achtet, wird von Disconnect Search begeistert sein!
Das Addon nutze ich nach wie vor. In den letzten Tagen ist aber eine weitere Alternative hinzugekommen: Die Metasuchmaschine Searx, zu der ich auch schon eine Installationsanleitung für den eigenen Server geschrieben habe. Auch sie funktioniert wie ein Proxy, kann aber auf dem eigenen Rootserver gehostet werden. Sie fragt aber nicht nur eine Suchmaschine nach Ergebnissen, sondern gleich mehrere – ganz individuell einstellbar. Auf der Ergebnisseite erscheinen demnach nicht nur Ergebnisse von Google, sondern auch von Bing, Yahoo, Twitter, Flickr, und vielen mehr. Das Design ist noch nicht ganz ausgereift, aber erträglich.
Searx befindet sich aktuell noch mitten in der Entwicklung. Wer will, kann meine Searx Installation unter https://search.trashserver.net nutzen.
Android
Seit 1 1/2 Jahren besitze ich ein Smartphone von Samsung – das Galaxy S3. Damit war auch völlig klar, dass ich Google weiter in mein Privatleben vordringen lassen würde. Pures Android ist kein Problem, aber durch die Verknüpfung von Googles Betriebssystem mit einem Google Account gibt man eine Menge sensibler Daten in fremde Hände. Termine, Kontaktdaten, installierte Apps, Nutzungsverhalten, Infos zur Hardware, Telefonnummer, Position und vieles mehr.
Einziger Ausweg: Das Telefon nicht mit einem Google Account verknüpfen. Das beinhaltet aber leider auch ein paar Einschränkungen: Apps aus dem Play Store können nicht mehr heruntergeladen und genutzt werden. Stattdessen muss man mit dem viel kleineren Angebot der alternativen App Stores auskommen. An dieser Stelle sei der größte Android App Store für Open Source Apps genannt: F-Droid.
Auf meinem Galaxy S3 läuft seit einem Jahr CyanogenMod, eine Android ROM, welche nicht direkt von einem großen Hersteller stammt. Der Kern besteht aus einem Stock-Android, also einem Android, wie es von Google kommt. Daran wurden einige Anpassungen und Verbesserungen durchgeführt, auch bezüglich des Schutzes der Privatsphäre. Standardmäßig kommt CyanogenMod ohne Google Apps und damit auch ohne Google Kontenverbindung und Google Play Store. Wer sein Handy so betreibt, kann es also “Google-frei” nennen.
Obwohl mir ein Google-freies Smartphone lieber wäre, habe ich mich dafür entschieden, die Google Apps zu installieren und ggf. etwas weniger Privatsphäre in Kauf zu nehmen. Ich habe in der Vergangenheit relativ viele Apps und viel Musik gekauft, die ich jetzt nur ungern “in die Tonne treten” würde. Ich denke, das ich verständlich.
Um Google trotzdem möglichst wenig Daten über mich in den Rachen zu werfen, habe ich die automatische Synchronisierung mit meinem Google Konto ausgeschaltet. Das heißt: Kalender, Fotos, Kontakte, App-Daten und vieles mehr wird nicht mehr mit Google-Servern abgeglichen, sondern bleibt auf meinem Gerät.
Wenn ich eine App auch im F-Droid Store finde (und das kommt häufig vor), lade ich sie von dort herunter. Es geht Google nämlich nichts an, welche Apps ich nutze. Um Termine, Kontakte und Dateien mit meinen anderen Geräten abzugleichen nutze ich meine eigene Cloud (OwnCloud).
Cloud / Google Drive
Google Drive ist toll, Google Drive ist praktisch. Ich habe die Cloud einige Zeit lang getestet und war beeindruckt – zumindest von der Weboberfläche und dem Android Client. Für Linux gibt es nämlich nach wie vor keinen offiziellen Client von Google. Das hat das Interesse letztendlich getrübt und ich habe mich allgemein nach einer Möglichkeit umgesehen, meine eigene Cloud aufzubauen.
Das Open Source Projekt “OwnCloud” ist nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen gut benutzbar und wird immer mächtiger. Über die OwnCloud Instanz auf meinem Server kann ich problemlos Dateien, Kontakte, Termine und Aufgaben synchronisieren, sodass ich nicht mehr auf externe Clouddienstleister angewiesen bin. Auch das Teilen von Dateien und Ordnern mit der Öffentlichkeit ist über die Weboberfläche möglich – genauso wie ein öffentlicher Upload zum Einsammeln von Dateien.
Für OwnCloud gibt es sowohl einen quelloffenen Linux-Client als auch eine App für Android im F-Droid Store.
Google Docs
Besonders beeindruckt bin ich von Google Docs, auch wenn ich das Officepaket von Google in der Vergangenheit nur selten genutzt habe. Für einfache Aufgaben reicht es vollkommen aus. Tabellenkalkulation, Textverarbeitung, Präsentation – alles ist möglich. Vor allem die Möglichkeit, zusammen mit anderen Menschen gleichzeitig an Dokumenten lässt Google Docs aus der Menge der Officesoftware heraus stechen.
Auch für Google Docs gibt es Alternativen. Diese sind jedoch nicht annähernd so ausgereift und leicht zu bedienen wie die Produkte von Google. Aktuelle OwnCloud Versionen beherrschen zwar die kollaborative Bearbeitung von Textdokumenten nach ODF Standard – mehr als einfache Textverarbeitung ist aber noch nicht drin.
Als zweite, beliebte Alternative sei Etherpad genannt. Es handelt sich dabei um ein sehr spartanisches Textverarbeitungssystem, in das sich vor allem zum Zusammentragen von Informationen zu Veranstaltungen wie z.B. Demonstrationen eignet. Die Nutzer können sich ohne Account verbinden und jeder ist in der Lage, das angezeigte Dokument live zu verändern. Erweiterte Formatierungswerkzeuge gibt es aber ebenso wenig wie die Möglichkeit, andere Inhalte (z.B Grafiken) einzubinden.
Der große Vorteil von Etherpad und OwnCloud liegt jedoch wieder darin, dass es sich bei diesen um Open Source Software handelt, die auf dem eigenen Server installiert werden kann. Vertrauliche Daten bleiben in Reichweite und werden nicht aus der Hand gegeben. Google Docs nutze ich immer seltener und weiche stattdessen auf OwnCloud Documents oder mein Etherpad unter http://pad.trashserver.net aus.
YouTube
… gehört seit einigen Jahren auch zum Google-Imperium. Für YouTube gibt es aber nach wie vor keine ernsthaften Alternativen. Auch wenn YouTube inzwischen gewaltig nervt und man den Eindruck bekommt, Nutzer sollten durch zahlreiche Veränderungen der Nutzeroberfläche absichtlich verschreckt werden – ich bleibe dort erst einmal.
Google Analytics
Von Googles Webanalyse-Software “Google Analytics” habe ich mir vor etwa einem Jahr komplett verabschiedet. Der Gedanke, die Daten meiner Besucher auf diese Weise an Google zu “verkaufen” war mich sehr unangenehm, sodass ich für diesen Blog inzwischen die selbst gehostete Open Source Alternative “Piwik” nutze – und das guten Gewissens. IP Adressen werden anonymisiert und das Tracking ist im Impressum frei abschaltbar – ohne jegliche Nachteile für den Besucher. DNT (No Not Track) – Anweisungen vom Browser des Besuchers werden berücksichtigt.
Piwik funktioniert ebenso gut wie Google Analytics und ich habe die volle Kontrolle über die gesammelten Datensätze, die auf meinem eigenen Server liegen und diesen nicht verlassen.
Google Chrome
Den Browser von Google habe ich nie wirklich ausgiebig genutzt – nur hin und wieder neben Firefox und zum Entwickeln bzw. Prüfen von entwickelten Webseiten. Ich muss zugeben, dass Chrome sehr schnell arbeitet und an sich ein guter Browser ist, aber auch hier plagt mich wieder das Gewissen. Will ich wirklich, dass Google seine Finger im Spiel hat, wenn ich mir durch das Internet bewege?
Seit ich einen PC selbstständig bedienen kann ist Firefox mein absoluter Favorit. Schnell, einfach anpassbar und zuverlässig. Abstürze und Performanceprobleme sind oft Folgen von zu vielen oder schlecht programmierten bzw. ressourcenhungrigen Addons. Ich habe nur sehr selten Probleme mit Firefox – wieso sollte ich also den Browser eines Unternehmens nutzen, das Interesse an möglichst genauen Nutzerprofilen hat? Mein Firefox überwacht mich nicht, wird entwickelt von der starken, gemeinnützigen Mozilla Organisation und funktioniert, wie er soll.
Google Chrome hat zwar seinen Ursprung im Open Source Projekt “Chromium” (Chromium gibt es auch als Browser) aber so ganz traue ich der Sache nicht, weil Google auch in der Chromium Entwicklung sehr mächtig und einflussreich ist. Lieber unterstütze ich die Mozilla Foundation und ihre zahlreichen Projekte.
Google Plus
Den Facebook-Konkurrenten Google Plus verwende ich seit der Beta-Phase. Damals war G+ noch aufgeräumt, schnell, einfach und man bekam was man haben wollte: Eine Plattform zum Kommunizieren.
Inzwischen hat sich das Image von Google Plus allerdings ins Gegenteil gekehrt: Google versucht seit Ende der Betaphase zwanghaft, seine Nutzer dazu zu bringen, G+ zu nutzen. YouTube ist ohne G+ Account beispielsweise nur noch eingeschränkt nutzbar und überall wird man nahezu genötigt sich einen Account zu erstellen bzw. G+ zu aktivieren und zu nutzen.
Die Benutzeroberfläche ist inzwischen ein Graus. Unaufgeräumt, bis zum Rand vollgepackt mit Javascript, langsam, träge. Mal funktioniert hier was nicht, mal da. Dann bleiben die Hovercards wieder hängen. Dann geht der Benachrichtigungszähler nicht. Firefox-User werden systematisch diskriminiert. Der Chat hängt sich auf.
Dazu kommt noch die extreme Aufdringlichkeit. Ständig irgendwelche Vorschläge und Dinge, die ich tun soll. Nein, es interessiert mich nicht, dass ein Bekannter für einen Beitrag +1 gegeben hat! Es gibt so viele gute Gründe, G+ zu verlassen.
Trotzdem habe ich noch einen Account. Dafür gibt es eigentlich nur zwei Gründe:
- Auf G+ bin ich Administrator einer deutschsprachigen Ubuntu-Community
- Ich habe kein Facebook und kann auf G+ wenigstens mit meinen engsten Freunden kommunizieren. Für Diaspora kann ich sie leider nicht begeistern.
… also wird G+ wohl noch einige Zeit bei mir nebenher laufen. Neben Diaspora*, wo ich die meiste Zeit verbringe.
Jetzt seid ihr dran! Wie steht ihr zu Google? Vertraut ihr dem Konzern eure Daten an oder hostet ihr lieber selbst? Welche Alternativen nutzt ihr?