In diesem Blog schreibe ich über viele Themen, die Privatsphäre, Sicherheit und freie Software tangieren. Mir ist aufgefallen, dass ich aber noch nie über mein persönliches Desktop-Setup geschrieben habe. Das soll hiermit nachgeholt werden.
Ein paar Einblick in mein Nutzungsverhalten gebe ich traditionell am Ende des Jahres in der Artikelserie „Wasser predigen, Wein trinken?„. Dort geht es allerdings über alle Endgeräte und Dienste und nicht nur über den Desktop. Heute möchte ich deshalb ein bisschen über mein persönliches Setup schreiben und warum das so ist.
Ich freue mich über solche Artikel auch in anderen Blogs immer, weil man da oft auf spannende Tools und Lösungen trifft, die man vorher nicht auf dem Schirm hatte.
Hardware, Distribution und Konfiguration
Ich habe viele Jahre mit einem Notebook und einem stationären Desktop-PC gearbeitet. Im letzten Jahr bin ich unter die Wochenendpendler gegangen und musste schnell feststellen, wie unpraktisch so ein Setup ist. Man hat immer die notwendigen Daten auf dem Gerät, an dem man gerade nicht sitzt. Die Hardware war zum Glück sowieso reif für einen Austausch und somit stieg ich im Winter wieder auf ein Notebook als alleiniges Gerät um. Die Wahl fiel auf ein HP EliteBook. Mit diesem bin ich sehr glücklich und kann die Reihe allen ans Herz legen, die gerne ein solides Business-Gerät haben möchte, aber mit ThinkPads fremdeln. Mittels einer USB-C Docking-Station wird das Notebook am Schreibtisch dann zu einem vollwertigen Arbeitsplatzrechner.
Als Distribution ist seit vielen Jahren openSUSE meine erste Wahl. Momentan in der Tumbleweed-Variante, weil auch die aktuelle Leap-Version wegen des alten Kernels meine Hardware nicht optimal unterstützt. Bei der Entscheidung für openSUSE spielen natürlich subjektive Präferenzen eine Rolle. Ich mag die manchmal eigenwilligen Entscheidungen und die Idee etwas voranzubringen, wie z. B. der frühe Einsatz von btrfs mit der tollen Snapshot-Lösung. Dadurch bietet openSUSE wirkliche Mehrwerte gegenüber anderen Distributionen. Es gibt aber auch ein paar harte Fakten. Im Gegensatz zu vielen Hobby-Distributionen unterstützt openSUSE SecureBoot vorbildlich und bietet mit Trusted Boot in Kombination mit dem TPM interessante weitere Entwicklungsmöglichkeiten.
Vermutlich ist es unnötig zu erwähnen, dass das System natürlich komplett mit LUKS verschlüsselt ist. Allerdings mit einem traditionellen Setup ohne verschlüsselte Boot-Partition, weil ich wirklich zu wenig Geduld für die >30 Sekunden Denkpause von GRUB habe. Hier möchte ich demnächst mal mit den neuen Möglichkeiten von systemd für TPM und FIDO experimentieren.
Desktop und Programme
Seit ich 2007 zu Linux kam, habe ich immer mit KDE gearbeitet. Hier und da mal ein Blick über den Tellerrand, aber letztlich immer wieder zurückgekehrt. Das hat sich inzwischen geändert.
Mich haben nicht die vielen Fehler oder das Gefühl auf einer Dauerbaustelle zu arbeiten vertrieben, sondern die Usability. KDE hatte immer viele Optionen und das ist gut so, aber je mehr Einstellungsmöglichkeiten, desto wichtiger wird eine konsistente UX. Wenn alle Programme ähnlich funktionieren, ist das schon die halbe Miete. Was das bei KDE früher bedeutete, kann man heute noch bei Kontact beobachten. Ja, das sind viele Optionen, aber sie in Rubriken und Reiter aufgeteilt und diese Einstellungsdialoge sahen mal bei jeder KDE-Komponente gleich aus. Heute herrscht da nur noch Wildwuchs, von ein paar Hobby-Designern in der VDG wahllos zusammen gefügt. Die Systemeinstellungen sind eine krude Mischung aus alten Elementen, neuen mobilen Varianten und irgendwelchen hineinfahrenden Dialogen. Buttons kleben irgendwo und Mauswege hat sie noch nie jemand angeguckt. Wegen eines Fehlers mit der Wayland-Session musste ich zuletzt häufiger mal den SDDM-Autologin konfigurieren. Das ist eine irrsinnige verschachtelte Konstruktion, die Microsoft in Windows 10 nicht schlechter hätte umsetzen können. Das neue KHamburger-Menü löst die alten Menüs ab, aber nicht so richtig, weil man alle Elemente in das Menü integriert. In den macOS-Jahren habe ich gute UX zu schätzen gelernt, dieses stümperhafte Chaos habe ich einfach nicht mehr ertragen.
Ich habe dann tatsächlich mal ein paar Wochen GNOME probiert. Leider ist die Idee der GNOME-Entwickler von einer guten Desktop-Experience das genaue Gegenteil meines Workflows. Ich brauche circa 8-10 Extension, um mit GNOME arbeiten zu können. Das bricht dann bei jeder neuen GNOME-Version zusammen, weil die Entwickler erklärtermaßen keine Rücksicht auf die Extensions legen. MATE ist zwar nett und mit Plank auch sehr funktional zu nutzen, aber so ein paar grafische Effekte mag ich dann doch haben.
Statt GNOME bin ich dann bei der Pantheon Shell gelandet. Wie ich schon häufiger schrieb, finde ich die Pantheon Shell das bessere GNOME. Allerdings nicht mit elementary OS, sondern in Form der OBS-Pakete. Das ist nicht optimal und würde ich Dritten wohl auch nie empfehlen, aber für mich funktioniert es aktuell am besten. Alternativ kann man die Pantheon Shell auch mit Arch Linux und Fedora nutzen. Beide Distributionen haben sie in den Paketquellen.
Folgende Programme nutze ich auf dem Desktop:
Aufgabe | Programm |
Office | SoftMaker Office 2021 |
Scannen | Vuescan |
Finanzen | moneyplex |
Dokumentenbetrachter | Evince |
PDF-Bearbeitung | PDF Arranger |
Bildbearbeitung | GIMP & Image Optimizer |
Bildbetrachter | Pantheon Photos |
Notizen | Synology Notes & Minder |
Cloud | Synology Drive |
Browser | Firefox & Tor Browser Bundle |
Feedreader | Communique mit FreshRSS Sync |
E-Mail, Kontakte und Terminorganisation | Evolution |
IRC | HexChat |
Aufgaben | Pantheon Tasks |
FTP | Filezilla |
Musik | Pantheon Music |
Video | Pantheon Video |
Editor | Code |
Virtualisierung | VirtualBox |
Passwortverwaltung | KeePassXC |
Navigation | GNOME Maps |
Backup | Déjà Dup & GRSync |
Sonstiges | Pantheon Terminal; Pantheon Files; Pantheon Screenshots; Pantheon Calculator; Catfish; AnyDesk; usw. usf. |
Ich arbeite traditionell streng Aufgaben-orientiert. An irgendwelchen Programmen festzuhalten, die für KDE entwickelt wurden und diese unter einer anderen Desktopumgebung zu nutzen, mag theoretisch klappen, funktioniert aber meist nicht gut. Deshalb verwende ich unter jedem Betriebssystem und jedem Desktop die dazu passenden Programme.
Der Vorteil an der Pantheon Shell ist, dass man sich ziemlich viel im GNOME-Ökosystem bedienen kann. Die Qualität der Gtk/GNOME-Programme ist durchschnittlich höher als der Qt/KDE-Pendants. Beispielsweise wenn man Kontact mit Evolution vergleicht. Andere Programme wie GNOME Maps sind viel fokussierter als Marble. Mit Marble kann man theoretisch ganz viel machen, praktisch habe ich es nur als OpenStreetMap-Oberfläche gebraucht und alle anderen Funktionen haben meinen Workflow gestört.
Kern meiner Organisation ist eine stabile PIM-Suite, hierbei ist vor allem die Integration mit einem Synology NAS wichtig, über das ich Kontakte-, Kalender- und Dateisynchronisation vornehme. Das klappt mit Evolution hervorragend und weil Pantheon sowieso auf den Evoluton Data Server zurückgreift, integriert sich Evolution auch in die Shell. Evolution unterstützt nebenbei mit Offline-IMAP und PGP (sofern ich doch mal eine verschlüsselte E-Mai versende oder empfange) zwei Nice-to-have Features.
Die Anwendungen des elementary Projekt nutze ich abgesehen von der Pantheon Shell nur sehr ausgewählt, weil diese oft nicht ausgereift sind. Aufgaben („Tasks“) ist eine wirklich nette Aufgabenverwaltung für CalDAV-Konten, Screenshots, Terminal und Taschenrechner tun ihren Dienst. Bei Musik und Video bin ich so anspruchslos auf dem Desktop, dass es die minimalistischen elementary-Programme für mich tun.
Backups erfolgen auf verschlüsselte externe Platten und mein NAS. Dazu nutze ich rsync oder irgendein Frontend für rsync (LuckyBackup oder Grsync), um auf externe Festplatten zu sichern und zusätzlich sichere ich mittels Déjà Dup auf mein Synology NAS.
Bei virtuellen Maschinen bin ich total faul. VirtualBox mag nicht hip sein und man kann aus Qemu, KVM usw. vielleicht mehr Performance raus kitzeln, aber VirtualBox ist idiotensicher. 3-4 Klicks und meine VM läuft. Egal ob Windows oder irgendein Linux.
Eine großer Verlust beim Wechsel aus dem KDE-Lager in alternative Ökosysteme ist der Verzicht auf Dolphin. Meiner Meinung nach der beste Dateimanager überhaupt. Nicht nur für Linux, sondern auch im Vergleich mit allem was Windows und macOS zu bieten haben. HexChat ist im Vergleich zu Konversation auch eine ziemliche Krücke, aber so selten, wie ich noch im IRC bin, reicht es aus.
Vielleicht haben ja auch andere mal Lust über ihr Setup zu bloggen oder zu kommentieren.
Der Artikel Mein Linux-Desktop erschien zuerst auf [Mer]Curius