Unsere österreichischen Freunde von derStandard.at haben ein Interview mit Mark Shuttleworth, Chef der Linux-Distribution Ubuntu und dessen Förderer, das Unternehmen Canonical, geführt, Natürlich werden wir hier nicht das vollständige Interview veröffentlichen, jedoch ein paar Auszüge hiervon zum Besten geben. Das komplette Interview gibt es auf derStandard.at.
derStandard.at: Ubuntu 8.04 hat einiges an Kritik einstecken müssen, etwa wegen Problemen im Audio-Bereich oder auch anderen Bugs. Rückblickend betrachtet: Hätte man sich lieber etwas Extrazeit nehmen sollen, um die verbliebene Bugs zu beseitigen, so wie man es bei “Dapper Drake”, der ersten LTS, gemacht hat?
Shuttleworth: Genau genommen haben wir die Entscheidung, im normalen sechsmonatigen Release-Zyklus zu bleiben, aufgrund der Erfahrungen mit Dapper Drake getroffen. [...]
Die größte Kritik an Hardy war ja, dass wir Firefox 3 im Beta-Stadium ausgeliefert haben. Das war allerdings eine sehr bewusste Entscheidung, die wir in Zusammenarbeit mit dem Mozilla-Projekt getroffen haben. Wir waren ziemlich zuversichtlich, dass Mozilla den Firefox in absehbarer Zeit veröffentlichen würde. Und wenn wir jetzt - nach der Veröffentlichung von Firefox 3 - den Firefox 2 noch drei Jahre lang ausliefern würden, wären die Leute wohl ebenfalls wenig erfreut.
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Das dritte - schon erwähnte - Problem waren die Bugs im Audio-Bereich und das ist schon eine etwas schwierigere Angelegenheit, da wir davon ausgehen, dass es hier ein Bedürfnis nach einer klaren Ausrichtung unter Linux gibt. Es gibt bislang einfach eine Menge unterschiedlicher Kombinationen, die in diesem Bereich zum Einsatz kommen, und wir haben uns vorgenommen mit Hardy eine gemeinsame Plattform voranzutreiben.
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derStandard.at: Im Moment sieht es aus, als hätten sich alle auf den GNOME als Default-Desktop geeinigt, sehen sie das auch so?.
Shuttleworth: Ja, aber ich denke nicht, dass dies für alle Zeiten so bleiben muss. Wenn ich mir ansehe, was in der KDE-Community momentan so an Arbeit geleistet wird, dann gibt das eine recht lebendiges Bild. [...] Und die KDE-Leute haben in gewisser Weise recht, wenn sie sagen, dass der eigene Ansatz leichter große Fortschritte ermöglicht als der GNOME-Ansatz [...]. Die Kehrseite davon ist natürlich, dass genau diese Berechenbarkeit und die Wahl der LPGL GNOME äußerst interessant für Unternehmen gemacht hat.
Anstatt zu sagen: “GNOME gewinnt, KDE verliert”, wäre es wichtiger zu sagen: “Wie können wir die beiden Communitys dazu zu bringen, sich zusammenzusetzen und miteinander zu reden? Wir brauchen beides: Stabile Release-Zyklen und die Fähigkeit schnelle Fortschritte wie KDE4 zu machen.
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derStandard.at: Nokia scheint ebenfalls stark an einem solchen Schritt interessiert zu sein…
Shuttleworth: Nun, schließlich haben sie ja gerade erst Trolltech gekauft, insofern macht das klarerweise Sinn für sie. Viel wird davon abhängen, wie sich Nokia künftig in Lizenzfragen entscheidet. Und unabhängig davon auch, was GNOME tun wird, wenn Nokia die QT-Lizenz so ändert, dass sie zur GNOME-Vision passt, also ob man QT als Plattform akzeptieren kann.
derStandard.at: Sie wären also dafür, dass GNOME auf QT umsteigt?
Shuttleworth: Ich denke, dass es ohne weiteres möglich ist, die Werte von GNOME auf Basis von QT weiter zu entwickeln. Derzeit verhindern dies aber Lizenzprobleme, GNOME ist maßgeblich auf der LGPL aufgebaut, die es Unternehmen ermöglicht ihre eigenen Produkte auf freier Software aufzubauen, und ihnen dabei mehr Freiheit und Flexibilität bei der eigenen Lizenzwahl gibt. Das war ganz klar ein zentraler Faktor für den Erfolg des GNOME bei unabhängigen Softwareherstellern.
Ob wir es dann schaffen die FSF (Free Software Foundation) davon zu begeistern, ob wir es schaffen das GNOME-Projekt zu begeistern, Nokia für etwas zu begeistern, dass das Leben der Entwickler deutlich vereinfachen würde, das wird noch eine ziemliche Herausforderung. Ich würde mir zumindest wünschen, dass sich beide Desktops auf eine gemeinsame Infrastruktur konzentrieren könnten.
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derStandard.at: Wenn man sich den Desktop-Markt anschaut, dann gibt es ein Betriebssystem, dass derzeit deutlich wächst, es ist aber nicht Linux. Es ist OS X. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Shuttleworth: Wir sollten zunächst mal klarstellen, dass wir das wirklich richtig verstehen, weil das eine sehr wichtige Beobachtung ist: Der Umstand,dass OS X wächst, sagt uns, dass Windows Schwäche zeigt. Der Umstand, dass OS X wächst und Linux nicht, sagt uns dass OS X Sachen anbietet, die Linux nicht hat. Eines davon ist die Geschwindigkeit, mit der hier neue Innovationen eingeführt werden. Man muss Apple wirklich dafür Respekt zollen, wie das Unternehmen Innovationen vorantreibt. Ein weiterer Grund ist ihr Fokus auf das Internet. Sie erkennen ganz klar, dass heutzutage das Web die Killeranwendung am PC ist und nicht mehr Microsoft Office.
Hier liegt aber auch eine echte Chance für uns, die Chance eine großartige Web-Experience abzuliefern, aber um dies zu erreichen müssten wir uns verstärkt auf diese Aufgabe konzentrieren.
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Zum vollständigen Interview geht es hier entlang. Das Interview gibt es auch hier im englischen original.
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