Dieser Beitrag ist mir im Rahmen der Blogwichtel-Aktion von Bhuti zugefallen. Ich freue mich sehr darüber, besonders weil ich eigentlich nicht wissen dürfte, von wem er stammt. Aufgrund des gewählten Themas habe ich aber einen leisen Verdacht. Wie dem auch sei; vielen Dank an den Verfasser! Der Beitrag fügt sich nicht nur passgenau in dieses Blog ein, er gibt daneben auch noch ein Thema wieder, das mir sehr am Herzen liegt. Und hier folgen nun die Worte des Verfassers:
Über die Gemeinsamkeiten zwischen freier Software und freier Wissenschaft
Zuerst muß ich etwas beichten: der Rechner, auf dem ich diesen Blogwichtelbeitrag schreibe, läuft mit Windows. Und das ist, wenn ich mir es richtig überlege, eigentlich erstaunlich. Denn furchtbar sympathisch ist mir Microsoft nicht; und auf der anderen Seite gefällt mir die Idee, die hinter Linux und den verschiedenen Distributionen steckt. Sollte ich auf meinen Rechner vielleicht doch Ubuntu aufspielen?
Das wäre aber eine ganz andere Geschichte, als ich sie an dieser Stelle erzählen will. Denn ich will hier doch die Chance nutzen und erklären, weshalb es ein wirklich netter Zufall ist, daß ausgerechnet ich einen Blogbeitrag für Romans Blog schreiben darf. Und ich will erzählen, weshalb sich das Ubuntublog und der Bereich aus dem ich komme (die Wissenschaft) doch sehr, sehr nahe sind.
Es ist bescheuert, Informationen zu verschließen
In beiden Bereichen geht es darum, Informationen zu (ver)teilen. Das ist die entscheidende Gemeinsamkeit. Denn ganz egal, ob es um ein „freies Betriebssystem“ oder um eine offene, dynamische Wissenschaft geht. Dahinter steht eine gemeinsame Idee. Nämlich die Einsicht, daß es bescheuert und kontroproduktiv ist, wenn man Informationen zurückhält, daß es idiotisch ist, wenn man Wissen hinter verschlossenen Türen oder schweren Buchdeckeln verschließt.
Eigentlich ist das gar nicht so schwer einzusehen. Denn schließlich handelt es sich bei Informationen, Ideen und Wissen nicht um eine konventionelle Ressource, deren Wert abnimmt, wenn sie von vielen Akteuren „genutzt“ wird. Ganz im Gegenteil: in Wissensgesellschaften des 21. Jahrhunderts gilt genau die umgekehrte Logik – je mehr Personen am Wissen teilhaben und es nutzen dürfen, desto wertvoller wird der gesamte Wissensschatz.
Das ist ehrlicherweise keine Erkenntnis, die erst mit dem Internet geboren wurde. Schon George Bernhard Shaw formulierte (daran erinnerte Peter Glaser bei der letzten Re:publica):
„Wenn du einen Apfel hast und ich habe einen Apfel und wir tauschen die Äpfel, wird jeder von uns nach wie vor einen Apfel haben. Aber wenn du eine Idee hast und ich habe eine Idee und wir tauschen diese Ideen aus, dann wird jeder von uns zwei Ideen haben.“
Soweit zur (faszinierenden) Theorie. Doch wie es eben so ist: die schönsten Ideen nutzen nicht viel, wenn niemand für sie „kämpft“, wenn niemand von diesen Ideen fasziniert ist und sie weitergibt. Aber zum Glück gibt es solche Menschen. Roman zum Beispiel.
Er ist so jemand, der in seinem Blog und in den verschiedenen Welten des Web 2.0 genau für diese Idee eintritt. Jedenfalls (jetzt folgt die zweite „Beichte“) habe ich Roman selbst so kennengelernt. Bei verschiedenen Barcamps (zuerst in München vor über zwei Jahren, danach immer wieder) habe ich Roman getroffen, mit ihm gemeinsam Sessions besucht und in Pausen diskutiert.
Und das Schöne ist: Roman „lebt“ genau diese Idee des Wissen-Teilens. Wissen ist da, um es für alle zugänglich zu machen. Wer etwas Schlaues zu sagen hat, der soll davon erzählen. Auf Barcamps, im Blog. Eigentlich ganz egal wo. So einfach ist das. Und Roman macht das einfach. Und das finde ich klasse.
Open Access: Freier Zugang für wissenschaftliches Wissen
Doch bevor das jetzt in einer Lobhudelei ausartet, nochmal zurück zu den Parallelen zwischen Software bzw. Betriebssystemen und der Wissenschaft. Denn was Open-Source im Bereich der Software ist, das ist Open Access in der Welt der Wissenschaft.
Hinter Open Access steckt nämlich genau dasselbe Prinzip, wie ich es oben skizziert habe: es geht um den freien Zugang zu (wissenschaftlichem) Wissen. Das besondere Problem innerhalb der Wissenschaft ist nämlich, daß sich über viele Forschergenerationen hinweg ein spezielles Publikationssystem etabliert hat. Klar, solange es für Wissenschaftler keinen anderen Weg gab, als in Büchern bzw. Zeitschriften miteinander in den Dialog zu treten, mußte es Druckereien und Verlage geben. Die technische Infrastruktur, die Distribution von Wissen war zeit- und ressourcenaufwendig. Und zugleich übernahmen die wissenschaftlichen Verlage die Organisation eines wichtigen Teils der Qualitätssicherung, des Peer-Review.
Bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts war das unumgänglich. Aber: wir leben nicht mehr in den 80ern. Das Internet bietet heute die Möglichkeit, wissenschaftliches Wissen (unter bestimmten Bedingungen) im Web für die Nutzer kostenlos zugänglich zu machen.
Doch diese Möglichkeit wird nur sehr, sehr zögerlich genutzt. Das hängt damit zusammen, daß die Wissenschaft als System ausgesprochen langsam ist (was manchmal auch gute Seiten hat). Und es hängt damit zusammen, daß die Wissenschaftsverlage ein verdammt gutes Geschäft machen.
Denn Wissenschaft wird ja zu einem überwiegenden Anteil durch öffentliche Gelder finanziert, doch genau an dem Punkt, an dem es um die Publikation geht, treten die Verlage in Erscheinung: sie übernehmen die für sie kostenfrei produzierten Inhalte (teilweise lassen sie sich von den Wissenschaftlern sogar noch dafür bezahlen), drucken die Zeitschriften und verkaufen die wieder zurück an die Wissenschaft – nämlich die Instituts- und Unibibliotheken.
Eigentlich kann man darüber nur mit dem Kopf schütteln. Höchste Zeit also, daß Open Access stärker gefördert wird. Aktuell gibt es in Deutschland eine E-Petition an den Bundestag. Sie stammt vom Wissenschaftsblogger Lars Fischer und hat schon über 20.000 Unterzeichner. In der Petition heißt es:
„Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, allen Bürgern kostenfrei zugänglich sein müssen. […]“
Noch bis zum 22.12.2009 kann man dort mit seiner Unterschrift diese Petition unterstützen. Es ist ein kleiner Baustein auf dem Weg in eine offene, freie Wissensgesellschaft. Wer noch nicht unterschrieben hat, sollte das tun. Ich nehme an, daß Roman nichts dagegen hat.
Link zur Petition: www.oapetition.de
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