Bei der gelungenen Aktion vom Bürgermeister, bei der es um die Vorstellung von exotischen Linux-Distributionen geht, konnte ich mir das GNU/Linux BRlix herausziehen. Die Distribution basiert auf Debian und nutzt KDE. Sie hiess dereinst famelix. Just in der Zeit, als ich darüber berichten wollte, war der Server unter brlix.org nicht mehr erreichbar und damit waren auch die distributionsbasierenden Quellen verschwunden. Ich konnte dann aber doch von einem Spiegelserver eine etwa neun Monate alte iso-Datei, in der BRlix in der finalen Version 1.0 vorliegt, herunterladen. Mittlerweile ist eine Seite unter brlix.com aufgetaucht, die von OpenBrlix berichtet. Die Informationen sind ausschliesslich in portugiesisch verfügbar. Leider verstehe ich die Sprache nicht und Google liefert fast unbrauchbare Übersetzungen dazu. Offenbar handelt es sich dabei aber um ein eigenständiges Projekt, denn unter Download wird auf die nicht verfügbare Site brlix.org verwiesen.
Da ich leider keine Hardware zu Hause herumliegen habe, die ich einfach für solche Tests nutzen könnte, entschied ich mich für eine virtuelle Installation mittels der VirtualBox. Das klappt ab der iso ganz gut. Die Installation ist ziemlich einfach; man muss bloss selbst Hand anlegen, um die Festplatte zu partitionieren. Dazu gibt es ein GUI. Der Rest erfolgt dann automatisch. Bei der deutschen Version wird zum Schluss je zweimal nach dem Passwort für den Benutzer root gefragt; das ist wohl ein Übersetzungsfehler. Einer der beiden müsste demzufolge der erste “normale” Benutzer sein.
Nach der Installation müsste nun ein Update erfolgen, das für die debian-eigenen Dateien auch gelang. Allerdings ist seit Tagen die Website des Projekts nicht erreichbar und ich konnte leider keine alternativen Adressen für die BRlix-Quellen ausfindig machen. Deswegen habe ich temporär jene Adresszeilen in der sources.list
auskommentiert.
Unter der VirtualBox lassen sich auch die Gasterweiterungen installieren. Die Kernel-Headers sind bereits vorinstalliert, es braucht dazu nur noch dieses Paket:
apt-get install build-essential
Danach kann die Gasterweiterung wie gewohnt installiert werden. Ich verlor dabei die Mausunterstützung und da ich bei KDE eine Flasche bin, stand ich schnell an. Ich hatte also ein System ohne Maus. Ist auch mal ein Erlebnis. Auf die Schnelle fand ich dann keine Lösung und nutzte daher die Live-CD auf meinem ThinkPad R61. Die läuft recht ordentlich, wenn auch gewisse Dienste nicht zur Verfügung stehen. So kann man keine verschlüsselten WLAN-Verbindungen nutzen, da keine Verschlüsselung geladen wurde. Die lässt sich bestimmt nachträglich aktivieren, ich nutzte sie aber nicht. Ansonsten erkennt man schnell das gute, alte KDE, welches sich nach meiner Wahrnehmung viele Benutzer der Version 4.xx wieder zurückwünschen.
BRlix in der Version 1.0 nutzt KDE 3.5.2 und besitzt einen Kernel 2.6.26.3-fmx, der aus dem Oktober 2008 stammen soll. Allerdings stimmen diese Angaben bloss beim Betrieb mit einer Live-CD ohne Update und Upgrades. Die Distribution wurde mit dem Ziel erzeugt, Windows Vista oder XP grafisch nachzubilden, beziehungsweise, um Umsteigern eine geringe Hürde zu bieten. Das BR aus dem Namen könnte für Brasilien stehen. Inzwischen soll BRlix über 12 Millionen mal heruntergeladen worden sein.
Zuvor hiess die Distribution famelix. Sie wurde am Metropolitan College of Guaramirim entwickelt. David Emmerich Jourdain, ein Deutschlehrer, hat sich offenbar um die Entwicklung gekümmert, wobei ihm zahlreiche Studenten zu Hilfe kamen. Famelix existierte ungefähr fünf Jahre, danach wurde es aus der Universität ausgelöst. Ein Zitat vom November 2008, welche ich hier gefunden habe, verweist auf die wahrscheinlichsten Gründe des Namenswechsels:
We the students and the professor (developer of Famelix), have made a company to continue the development of famelix.But the name Famelix is owned by FAMEG (the University) so we changed the name to BRLIX. The BRLIX have the themes XP and Vista, which you can choose on the Control Panel
Und so präsentiert sich BRlix ab der Live-CD direkt nach dem Start. Es ist recht einfach zu bedienen, obschon einige Features auf der Live-CD fehlen. Insgesamt macht mir BRlix einen guten Eindruck. Was mich aber nachhaltig stört, ist der “Offline-Betrieb” der Website und der Repositories.
Der Baum, die Wiese und der See bilden wohl eine Anspielung auf den Teletubbies-Hintergrund bei Windows XP. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es der richtige Weg ist, Windows-Benutzer auf Linux zu locken, in dem Windows nachgeahmt wird. Auch wenn es nur optisch geschieht. KDE entstand ja damals auch aus dieser Absicht; heute ist das Projekt erwachsen geworden und muss niemanden mehr nachahmen. Vielleicht passiert das dereinst auch mit BRlix; dazu müssten aber die Site und die Quellen verfügbar sein.
Ohne die Blogparade vom Bürgermeister wäre ich wohl nie auf die Distribution gestossen, zumal sie wahrscheinlich hauptsächlich in Brasilien benutzt wird und hier wohl eher selten genannt wird. Vielen Dank für die Durchführung dieser Parade, Sirko! Eine Sprachdatei mit einer Länge von ungefähr vier Minuten werde ich gerne für RadioTux nachliefern.
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