So schnell wird aus einem Witz Wirklichkeit: Eben noch Gegenstand einer Satire, so wurde nun der Ressourcenverbrauch samt Energiebedarf der typischen Linux-Desktops tatsächlich einem umfassenden Vergleichstest unterzogen.
Das Ergebnis überrascht nicht: KDE bekommt die rote Karte, Gnome und XFCE pendeln im Mittelfeld und LXDE reitet auf der grünen Welle. Die Abweichungen beim Energiebedarf im Leerlauf sind vernachlässigbar, doch beim Ressourcenverbrauch (CPU, RAM) werden die Unterschiede deutlich.
Es hilft dabei nicht weiter. die Testbedingungen dieses aktuellen Tests zu hinterfragen, denn man braucht keine Studie und keine Statistik, um festzustellen, dass KDE 4 zurzeit der schwerfälligste und ressourcenhungrigste Desktop unter Linux ist. Dazu reicht ein flüchtiger Blick auf die CPU-Anzeige des Systemmonitors. Oder man startet Linux samt KDE und Gnome auf einem Pentium III und geht sich dann einen Tee holen. Bis KDE arbeitsbereit ist, ist der Tee fertig, bei Gnome hat immerhin schon das Teewasser gekocht und bei LXDE sucht man sogar noch nach den Teebeuteln.
Die Frage muss gestattet sein, warum das eigentlich so ist. Dass sich die Leistungskraft von Computern ständig verdoppelt, scheint ein Naturgesetz zu sein, doch wieso verdoppelt sich gleichermaßen auch der Bedarf für die Software stetig? Das ist beileibe kein Linuxproblem, auch unter Windows und beim Mac kommt man mit älterer Hardware heute nicht mehr weiter. Wieso werden bereits beim Betrieb einer leeren Oberfläche oder eines einzelnen Programmes die Systemressourcen bis zum Anschlag belegt? Weil man es kann? Oder weil man sich um effizienteres Programmieren schlicht nicht kümmert?
Wer sich auf einer aktuellen Maschine eine alte Distribution mit KDE 1 oder Gnome 1.4 oder ein Windows98 installieren würde, wäre – positiv – schockiert von der Geschwindigkeit des Systems. Da können die heutigen Desktops nicht annähernd mithalten. Dabei hat sich die Aufgabenstellung an einen Desktop seit damals kaum gewandelt. Ein Desktop soll Programme starten, einen Dateimanager anbieten, Desktopsymbole anzeigen und ein Panel mit Menü bieten, garniert mit ein paar nützlichen Programmen für die tägliche Arbeit. Bleiben wir beim Beispiel KDE: KDE 1, 2 und 3 konnten das alles bereits. Und auch KDE 4 kocht hier nur wieder mit Wasser (zugegeben, man kann Fenster nun auch drehen). Der einzige Unterschied ist, dass das hochmoderne KDE 4 das alles jedoch langsamer erledigt als seine Vorgänger, es fällt nur meist nicht auf, weil eben die Rechner schneller geworden sind.
Niemand verlangt, dass die Softwareentwicklung auf dem Stand von vor 10, 15 Jahren stehenbleibt, Innovation und Fortschritt kann man nicht aufhalten. Doch die Frage bleibt, weshalb es die großen Desktops nicht schaffen, sparsamer mit Rechenleistung und Systemkapazitäten umzugehen oder zumindest den Status quo zu halten. Nicht nur die Linuxoberflächen, auch Programme wie Firefox und OpenOffice müssen sich diese Frage gefallen lassen. Dass aktuelle Software sogar einmal energiesparender und effizienter als ihre Vorgänger werden könnte, traut man sich ja schon gar nicht als Wunsch zu formulieren. Aber mal so ganz theoretisch: Wäre es technisch möglich, eine Oberfläche vom Funktionsumfang eines KDE 4 zu programmieren, die am Ende die Geschwindigkeit eines KDE 1 erreicht?
Neben finanziellen ist es gerade auch unter Umweltaspekten sinnvoll, nicht alle 2 jahre einen neuen PC zu kaufen. Doch will man die neueste Software nutzen (und gerade mit Linux ist man quasi dazu gezwungen, da die gängigen Distributionen selten länger als 1,5 bis 2 Jahre Sicherheitslücken ausbessern), wird das bei deren stetig wachsendem Ressourcenbedarf fast unmöglich.
Was bleibt dem Linuxnutzer mit nichtaktueller Hardware? Er kann sich bei KDE & Co. in Geduld üben oder – jedoch unter Komfortverlust – auf einen schlankeren Desktop oder noch schlankere Desktop-Alternativen ausweichen, um den Ressourcenhunger aktueller Systeme etwas abzumildern. Oder er muss das Wettrüsten um immer schnellere PCs, die sich dann aber durch im gleichen Tempo schwerfälliger werdende Software am Ende doch nur wieder genauso träge bedienen lassen, mitmachen.